Circular Products: Legal compliance or uniqueness

Gemeinsam mit der Universität Stuttgart hat die Unternehmensberatung COALAXY in der Studie „Resiliente Produktentwicklung – Kreislaufgerechte Produktarchitekturen für zukunftsfähige Produkte und Unternehmen“ die entscheidenden Erfolgsfaktoren für das Gelingen einer kreislaufgerechten Produktentwicklung herausgearbeitet. DZusammenfassung: Die Kreislaufwirtschaft ist ein Modell der Entwicklung, der Produktion und des Gebrauchs von Gütern, bei dem bestehende Materialien und Produkte so lange wie möglich geteilt, geleast, wiederverwendet, repariert, aufgearbeitet und recycelt werden. [1] Eine Studie der Universität Stuttgart in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung COALAXY arbeitet wesentliche Erfolgsfaktoren für das Gelingen der Entwicklung kreislauffähiger Produkte heraus. [2] An der Studie haben 35 Unternehmen der produzierenden Industrie, darunter mehrere DAX-Unternehmen, sowie KMU im Wesentlichen aus der DACH-Region teilgenommen.ie Digitalisierung spielt dabei eine wesentliche Rolle, die von den meisten Unternehmen noch unterschätzt wird. In unserem Beitrag arbeiten wir anhand von vier Erfolgsfaktoren die Integration der Digitalisierung in eine erfolgsversprechende Roadmap für resiliente Produktentwicklung heraus.

Von Matthias Kreimeyer, Merlin Stölzle und Thilo Pfletschinger

Für fast die Hälfte der Unternehmen (47%) hat Kreislaufwirtschaft bereits einen hohen Stellenwert im Top-Management. Die größte Herausforderung für die Entwicklung innovativer kreislauffähiger Produkte besteht darin Geschäftsmodelle zu entwerfen, die für alle Ökosystempartner entlang der Wertschöpfungskette lukrativ sind. Teilweise fehlt es aber an Wissen über die Abschätzung von Aufwand und Nutzen von Kreislaufwirtschaft in anderen Fällen an Knowhow und Methoden zur Entwicklung kreislauffähiger Produkte. Manchmal wiederum sind die zu verwendenden Sekundärmaterialien zu teuer oder nicht in ausreichender Menge verfügbar.

Zwei von drei Unternehmen (62%) gehen den Weg in die Kreislaufwirtschaft, um Alleinstellungsmerkmale herauszuarbeiten. Gesetzeskonformität hat für diese Unternehmen eine eher untergeordnete Bedeutung: Sie wollen vor die Welle des sich am Horizont abzeichnenden Regulatoriktsunamis kommen. Dabei ist die richtige Einstellung bei Führungskräften und Mitarbeitern ein entscheidender Faktor, um auch eine längere Durststrecke zu überstehen, bis sich der Erfolg des zirkulären Geschäftsmodells einstellt.
Wie aber stellt sich ein Unternehmen strategisch in Bezug auf die Kreislaufwirtschaft auf? Wie kann die Erarbeitung von zirkulären Alleinstellungsmerkmalen gelingen? Und wie stellt sich eine zirkuläre Einstellung bei Führungskräften und Mitarbeitern ein?

1) Entwicklungsstufen der Kreislaufwirtschaft

Die Entwicklung einer Organisation in Bezug auf Kreislaufwirtschaft lässt sich grob in 5 Stufen einteilen (siehe Abbildung 1):
▪ Stufe 1 – Unerfahrenheit
▪ Stufe 2 – Gesetzeskonformität
▪ Stufe 3 – Strategie
▪ Stufe 4 – Alleinstellung
▪ Stufe 5 – Einstellung
Mit der Erreichung einer höheren Entwicklungsstufe reduziert eine Organisation wirtschaftliche Risiken sowie Kosten und steigert ihren Wert sowie ihre Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft in positivem Sinne.

Abbildung 1: Entwicklungsstufen der Kreislaufwirtschaft [3]

2) Wertströme und Erfolgsfaktoren kreislauffähiger Produktentwicklung

Möchte sich ein Unternehmen strategisch auf die zukünftigen Chancen der Kreislaufwirtschaft einstellen, sollte es fünf Wertströme und eine Reihe von Erfolgsfaktoren berücksichtigen. Die sogenannten ‘R-Wertströme’ sind definiert als ein Bündel von Erfolgsfaktoren, das einen Mehrwert für Unternehmen und ihre Kunden liefert (siehe Abbildung 2). Sie stellen damit einen ganzheitlich-integrativen Blick auf das dar, was aus Sicht der Studienteilnehmer die notwendigen Zutaten für einen erfolgreichen Einstieg in die Kreislaufwirtschaft sind.

Abbildung 2: R-Wertströme und Erfolgsfaktoren kreislauffähiger Produktentwicklung

Innerhalb des ersten Wertstroms im Bereich Strategie (REBALANCE) sind ineinandergreifende Geschäftsmodelle, die dem Kunden durch die Herausarbeitung von Alleinstellungsmerkmalen einen einzigartigen Mehrwert bieten ein entscheidender Erfolgsfaktor. Derartige zirkuläre Geschäftsmodelle nutzen die Vorreiter der Kreislaufwirtschaft, indem sie darin enthaltene Kennzahlen mit strategischen Zielwerten versehen und in der Produktentwicklung zur Anwendung bringen. Beispielhafte Kennzahlen sind der CO2-Fußabdruck, die Recyclingrate oder die Sekundärrohstoffquote.
Darauf aufbauend adressiert der Wertstrom RESTRUCTURE Veränderungen in der Aufbau- und Ablaufstruktur von Unternehmen. Hier entstehen u.a. neue Rollen und Unterstützungsfunktionen für die veränderten Geschäftsmodelle. Der Wertstrom REDESIGN betrachtet Änderungen in der Produktentwicklung anhand von fünf Gestaltungsmerkmalen zukünftiger Produktarchitekturen. Mit dem Wertstrom REINFORM berücksichtigen Unternehmen die Bedeutung von Digitalisierung und Daten bei der Gestaltung kreislaufgerechter Produkte. Die hochgradig relevante Einstellung adressiert der Wertstrom REIMAGINE durch Erfolgsfaktoren wie eine zirkuläre Wachstumseinstellung, ganzheitliches Denken, zukunftssichernde Kompetenzen sowie portfolioübergreifende Kompatibilität der zukünftigen Produkte.

3) Eine Roadmap zur Reifesteigerung
Unternehmen, die das Potential der Kreislaufwirtschaft für sich erkannt haben, sollten die identifizierten R-Wertströme und Erfolgsfaktoren kritisch hinterfragen sowie auf ihren spezifischen Anwendungsfall anpassen:
▪ Schritt 1 – Strategie: Aufsetzen einer integrierten Kreislaufstrategie unter Nutzung der R-Wertströme inklusive zielführender Kennzahlen und implementierbarer Roadmap (siehe Abbildung 3).
▪ Schritt 2 – Alleinstellung: Durchbrechen der größten strategischen Herausforderungen mit innovativen Lösungsansätzen und Integration der Gestaltungsmerkmale kreislaufgerechter Produktarchitekturen in den Produktentstehungsprozess.
▪ Schritt 3 – Einstellung: Gestalten der Aufbau-, Ablauf- und Kompetenzstruktur der Organisation entsprechend den herausgearbeiteten Erfolgsfaktoren.


Die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft muss mit einer robusten und sicheren IT-Bebauung sowie einem professionellen Change-Management begleitet werden. Unternehmen mit einer zirkulären Einstellung, zirkulären Alleinstellungsmerkmalen und einer konsequenten Verfolgung der R-Wertströme können sich so zu den zukünftigen Gewinnern der Kreislaufwirtschaft entwickeln.

Abbildung 3: Roadmap kreislauffähiger Produktentwicklung am Beispiel REINFORM

Mehr Informationen zur Studie „Resiliente Produktentwicklung. Kreislaufgerechte Produktarchitekturen für zukunftsfähige Produkte und Unternehmen.“ erhalten Sie unter https://coalaxy.com/studienbericht-resiliente-produktentwicklung/.

Autoren
Dr. Thilo Pfletschinger ist geschäftsführender Gesellschafter von COALAXY, einem Beratungsunternehmen, das sich auf Strategie, Innovation und Mindset im Bereich der Produktnachhaltigkeit konzentriert. Als Ratgeber und Implementierungspartner begleitet Thilo seit mehr als 20 Jahren Transformationen in Richtung Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft mit Fokus auf Produktentwicklung und Innovation. Für Thilo steht der wirtschaftliche Erfolg seiner Klienten bei gleichzeitig positiver Wirkung auf Umwelt und Gesellschaft im Zentrum seines Handelns. ThiloPfletschinger@COALAXY.com


Merlin Stölzle (M.Sc.) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Konstruktionstechnik und Technisches Design (IKTD) der Universität Stuttgart. Innerhalb der Gruppe „Methodische Produktentwicklung“ beschäftigt er sich mit der Kreislaufgerechtheit von Produktarchitekturen. Er hat einen Masterabschluss in Fahrzeug- und Motorentechnik an der Universität Stuttgart.

Prof. Dr. Matthias Kreimeyer, leitet den Lehrstuhl für Produktentwicklung und Konstruktionstechnik an der Universität Stuttgart, in seiner Forschung und Lehre fokussiert er sich auf Modelle, Methoden und Werkzeuge für die Planung und Entstehung moderner, komplexer und nachhaltiger Produkte und technischer Systeme. Er ist zugleich ProDekan der Fakultät 7 (Konstruktions-, Produktions- und Fahrzeugtechnik. Er war zuvor lange im Bereich Nutzfahrzeugentwicklung aktiv, zuletzt als als Senior Vice President Product Strategy and Planning Truck & Zero Emission bei der MAN Truck & Bus SE in München.


Literatur
[1] Kreislaufwirtschaft: Definition und Vorteile | Themen | Europäisches Parlament (europa.eu) [06.07.2024].
[2] Studie Resiliente Produktentwicklung. Kreislaufgerechte Produktarchitekturen für zukunftsfähige Produkte und Unternehmen. Matthias Kreimeyer, Merlin Stölzle, Thilo Pfletschinger. Universität Stuttgart. 2024.
[3] In Anlehnung an: Miller Perkins, Serafeim. Chief Sustainability Officers: Who Are They and What Do They Do? 2014. und SEI. CMMI. 2010.

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